Donnerstag, 10. März 2011

Trauma Unit (28.2.-8.5.)

Für die ersten 8 Wochen meines Chirurgietertials bin ich in der Unfallchirurgie („Trauma Unit“) des Krankenhauses eingeteilt. Neben der Normalstation mit 26 Betten verfügt die Abteilung über zwei Schockräume mit jeweils drei Beatmungsbetten, eine Notaufnahme mit ca. 30 Betten und eine Intensivstation mit 17 Betten. Der Rettungsdienst wird sowohl von staatlichen wie auch privaten Organisationen gestellt und beinhaltet unter anderem auch einen Rettungshubschrauber.
Die Abteilung versorgt ca. 23000 Trauma-Fälle pro Jahr, davon ca. 2500 Polytraumen. Es werden jährlich etwa 700 traumatische Bauchoperationen, 300 traumatische Gefäßverletzungen und 450 penetrienrende Halsverletzungen hier versorgt. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt zwischen 12 und 30 Jahren.


Der Tag beginnt um 8h mit der Visite. Theoretisch. Oft warten wir (4 internationale und ca. 12 Einheimische Studenten) auch bis ca. 10h bis die Ärzte auf Station kommen um die Visite zu beginnen. Diese wird jedoch meist sehr gewissenhaft und ausführlich durchgeführt. Unter den Patienten befinden sich hauptsächlich Opfer von Gewaltverbrechen (v.a. mit Schuss- und Stichverletztungen) und Verkehrsunfallopfer. Auf der einen Seite ist es sehr spannend, da viele „Krankheitsbilder“ so bei uns nicht vorkommen oder zumindest sehr selten sind, auf der anderen Seite schockierend wieviele Patienten mit Schuss- und Stichverletzungen täglich in die Klinik kommen. Die Hemmschwelle der Gewalt ist hier vielerorts leider sehr niedrig, oft gibt es schon Messerstechereien wegen totaler Lapalien und für uns kaum nachvollziehbar. Auch das Alter der Patienten erschrickt einen oft, sind unter den Schußopfern bzw. verletzten Täter Patienten in meinem Alter oder auch noch Teenager. 95% der Patienten auf der Station sind zudem schwarz. Dafür gibt es sicherlich vielerlei Gründe. Einerseits spielt sicherlich das durchschnittlich niedrigere Einkommen und dadurch schlechtere/keine Versicherung eine Rolle. Zudem spielt sich ein Großteil der Gewalt in den Townships ab.
Der Arzt nimmt hier zudem noch eine Art „Halbgott“ Stellung ein. Besonders Patienten niedrigeren Bildungsstandard liefern sich mehr oder weniger dem Ärzteteam aus. Es wird nicht hinterfragt, bzw. gefragt und mögliche Schmerzen so gut wie möglich unterdrückt. Auch wenn mir in der ein oder anderen Situation die Kinnlade runterfällt (unsteriler Arbeit, chaotischer Aktenführung und Abläufen auf Station) wird hier größtenteils soweit ich dass in der kurzen Zeit beurteilen kann eine gute Medizin gemacht. Oft fehlen leider die nötigen freien Betten (trotz vielen Mehrfach, bis zu 6fach Zimmern) so dass häufig abgewogen werden muss, dringendere Verletzungen versorgt werden und anderen ein Zimmer verwehrt werden muss.
Zwischen den Visiten ist oft Zeit, die eigenen Patienten selbst zu untersuchen, nötige Laboruntersuchungen in die Wege zu leiten (bei den Blutabnahmen ist man natürlich doppelt konzentriert……..die HIV-Rate auf Station beträgt bis zu 50%). Leider ist es oft schwierig die Krankheitsgeschichte nachzuvollziehen. Einmal aufgrund chaotisch geführter Akten, teils auf afrikaans und da einige Patienten nicht englisch sprechen. Meistens ist es aber Mithilfe von Mitpatienten oder Pflegern möglich das nötigste herauszufinden. An 3 Tagen fanden außerdem im Anschluss an die Visite noch „Teachings“ zu einem speziellen Thema (Herzklappenerkrankungen, stumpfe und scharfe Gewalt im Halsbereich etc.) statt. Diese sind relativ informativ, jedoch nicht immer so strukturiert (also wie in Freiburg ;-)
Die Studenten sind hier sehr nett, binden mich in die Patientenuntersuchung und Befragung mit ein und sind praktisch fast durchgehend fitter als wir. V.a. weil sie sich was zutrauen bzw. einfach „machen“ wo wir nicht dürften oder erst 10mal zuschauen würden. Das outcome ist nicht immer optimal, jedoch der Lerneffekt doppelt groß. Und wenn man hartnäckig drum bittet, bekommt man nochmal einen Schnellkurs vom Arzt (ziehen und vernähen von Thoraxdrainagen, Wundversorgung etc.)
Gegen 12h ist der Arbeitstag meist schon vorbei. Anschließend gibt es meist nur noch Arbeit im OP, der jedoch durch die große Studentenzahl meist besetzt ist, bzw. man dort ist wenn man „on call“ ist und gerufen wird. Bei mir, bis jetzt, jedoch noch nicht der Fall.

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