Montag, 4. April 2011

Taetigkeit im Krankenhaus

Ihr werdet Euch wahrscheinlich schon gefragt haben, ob ich hier statt meinem PJ (Praktischen Jahr) nicht etwa ein PU (Praktischen Urlaub) absolviere. Und so kam es mir auch zunaechst vor. Im Krankenhaus war nicht viel zu sehen/tun, die Wartezeiten fuer die Lectures oder Ward Rounds sehr lang, so dass ich mich oft fuer das reizvolle und reichhaltige Freizeitprogramm hier entschied. Zuviel war zu sehen und zu erleben. Die letzten Wochen verbrachte ich jedoch wieder oefters im Krankenhaus. Besonders in der Notaufnahme gab es viel zu sehen und zu tun. Ich war besonders oft abends oder Nachts dort. Da am Ende der Woche das Gehalt ausgezahlt wird und dieses leider oft unverzueglich in Alkohol investiert wird gibt es besonders am Wochenende viele Opfer roher Gewalt.
Eine typische Nacht in der Notaufnahme:
Diesen Freitag ging ich um Mitternacht in den Front Room. Es waren nur 2 Patienten dort.....es schien eine ruhige Nacht zu werden. Um viertel nach 2 hatte ich eigentlich schon vorgehabt ins Bett zu gehen (keine Patienten), da ging es ploetzlich los. Innerhalb einer halben Stunde kamen etliche Patienten.
Besonders haeufig sind MVAs (Motor Vehicle Accidents) Verkehrsunfaelle, mit oft vielen Autos involviert oder besonders haeufig auch Motorradfahrern. Oft kommen die Patienten im Schock, nur sporadisch verbunden, desorientiert und meist schwer verletzt mit haefig inneren Blutungen.
Leider dauert es relativ lange bis sie in den OP kommen. Dort abgekommen ist der Ablauf jedoch meist hoch professionel und von hohem medizinischen Standard.
Die meisten Verletzten sind jedoch Opfer stumpfer und spitzer Gewalt. Messerstechereien und Schussverletzungen sind hier leider wirklich alltaeglich. Und betreffen fast ausschliesslich Menschen schwarzer Hautfarbe. Entweder werden sie ueberfallen, oder es treffen Gangs aufeinander und ebenso haeufig sind community assaults eine Art gruppierter Selbstjustiz um Straftaten in den Townships zu ahnden. Insgesamt muss man leider sagen, dass die Hemmschwelle einen anderen Menschen zu verletzen unheimlich niedrig liegt. Gleichzeitig auch das eigene Leben hier oft nicht gewertschaetzt wird. So wird auch wegen voelliger Lapalien aufeinander losgegangen. Bei Messerstichverletzungen in Bauch und Brustkorb erhaelt man auf Nachfrage nach dem Taeter oft Antworten wie: meine Frau, Freundinn, Freund etc.............Gruende: Betrug, Luegen, Affairen etc. oft jedoch relative Lapalien die jedoch sehr schnell (auch unter Drogen und Alkoholeinfluss) in Waffengewalt eskalieren.
Ein Mann kam um ca. 3h mit verbundenem Ohr zu uns. Aufgrund der vielen Schwerverletzten wartete er zunaechst und wurde auch nicht gruendlich von einem Arzt untersucht. Um ca. 5h morgens zog er dann ca. dreiviertel seines rechten Ohres aus der Tasche (unverpackt und ungekuehlt). Furchtbar, weil ihm so nicht mehr geholfen werden konnte, bzw. das Ohr verloren war (bzw. nur die plasischen Chirugen noch was tun koennen). Auf Nachfrage erzaehlte er mir, dass seine Freundin ihm das Ohr abgebissen hab, nachdem er sich trennen wollte. Daneben hatte sie auch deutliche Bissmarken in seiner Schulter und Hand hinterlassen.
Ca. 1halb Stunden verbrachten wir ausserdem damit die Stichverletzungen am Kopf eines anderen Patienten zu versorgen und zu naehen, der ins Bein geschossen und niedergestochen wurde.
Ein Junge, 17 Jahre alt, hatte ein Messerstich in die Schulter eine Arterie verletzt. Er hatte furchtbare Schmerzen (grundsaetzlich dauert es hier viel zu lange bis endlich Morphium gegeben wird.........oft, da die Schwestern der Ansicht sind, dass wer sich auf der Strasse die Koepfe einschlaegt auch was aushalten muss, bzw. selber Schuld ist). So sind leider die Wartezeiten noch sehr lang und wie gesagt muss man oft mehrmals daran erinnern, doch bitte noch etwas Schmerzmittel zu verabreichen.
Der Junge mit der Schulterverletzung tat mir besonders leid. Er schien unheimlich lieb, eher schuechtern. Auf Nachfrage erzaehlte er mir, dass ein Junge den er gut kenn ihn verletzt hatte. Er hatte selbigen (anscheinend ausversehen) tage zuvor mit dem Messer an der Hand verletzt. Bei dem Versuch sich zu entschuldigen hatte er jedoch nur die Eltern des anderen Jungen angetroffen, so dass die Entschuldigung zunaechst erfolglos blieb. Die Nacht darauf wurde er dann von dem anderen Jungen ueberrascht, der ihm dann diese furchtbare Verletzung zufuegte (es blutete ungemein, so dass er nach einigen Stunden endlich in den OP der Gefaesschirurgie gebracht wurde.
Ich koennte noch von einigen weiteren Faellen erzaehlen aber es ist schwierig dass alles zu schildern. Ein Blog kann diese Situationen nicht annaehernd erfassen. Es geht mir bisher noch sehr nahe, gleichzeitig ist es medizinisch sehr spannend. Es ist jedoch schwer zu akzeptieren, geschweige denn zu verstehen wie Menschen sich sowas gegenseitig antuen koennen, bzw. wie Menschen leben muessen. Gleichzeitig kann oft leider nur das noetigste, wenn ueberhaupt, fuer sie getan werden.
Da die gesamten Ablaeufe bisher noch eher unuebersichtlich sind, bin ich meist an der Untersuchung mitbeteiligt und naehe viel, hoffe jedoch auch bald, direkt Patienten aufnehmen zu duerfen bzw. einen etwas besseren Ueberblick zu gewinnen, wo welche Utensielien und Behandlungsmaterial zu finden sind........


fuer heute muss ich leider schluss machen, da das Internet in 3min runterfaehrt. Schade, ich erzaehle bald wieder mehr.
Morgen fahre ich erstmal fuer 10 Tage an die Wild Coast und Garden Route.
Zu Viert fliegen wir nach Durban von wo aus wir dann im Mietwagen an der Kueste und ueber die Dragensberge wieder gen Kapstadt fahren. Ich freu mich sehr.
Muss jetzt noch packen. Ich freu mich, dass ihr den Blog so begeistert verfolgt, seid wiedermal lieb gegruesst und gedrueckt. Bis bald
Euer Robin

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